Neue Gewohnheiten
- maikebuchholz
- 26. Feb. 2024
- 3 Min. Lesezeit

Nach ein paar Wochen in einem fremden Land, bilden sich neue Gewohnheiten heraus, sicherlich auch, um dem Neuen etwas Vertrautes entgegenzusetzen. Ein inneres „hier kenne ich mich aus“. So ist das auch bei uns. Nachdem wir uns im Viertel „Borgata“ ausreichend umgesehen haben, hat sich etwas, wie das „Triangolo Siracusa“ – das siracusanische Dreieck entwickelt. Dieses besteht aus drei Bars, die wir häufig aufsuchen, wo man uns jetzt kennt, was sich ebenfalls gut anfühlt. Stammgastgefühl hat sich aufgebaut, wie im „Laden“ in Krefeld, der beinahe unser zweites zu Hause ist.
Jede dieser Bars hat ihre Eigenheiten und Spezialitäten, und wir unsere Zeiten, wann wir sie besuchen.
In unserem Haus in der Via Monfalcone gibt es eine Kapselkaffeemaschine, diese hat auch zweimal ein Gebräu, dass aussah wie Kaffee, aber nicht so schmeckte, ausgespuckt, und seitdem hat sie ihren Dienst eingestellt. Gut für uns.

So gehen wir irgendwann am Vormittag auf einen Cappuccino in die Bar „Serafino“. Mittlerweile sagen wir nach dem üblichen „Buon giorno!“ nur noch „solito“ (das „übliche“) und erhalten dann die gewünschten Getränke. Für Kolja gibt es den „normalen“, starken Kaffee und für mich einen Cappuccino con poco Cafè, eine Art Kinderkaffee.
Nach einigen Tagen können wir den Laden auch mit verbundenen Augen betreten und erkennen sofort an der Musik, welcher oder welche Barista heute für uns zaubert. Hören wir Modern Talkings „Cherie, Cherie Lady“, ist es der ernste Mann hinter der Theke, der immer ein bisschen schlechtgelaunt wirkt, „Madame“ zu mir sagt immer und ausschließlich die Playlist aus den 80er Jahren abspielt. Manchmal singt er mit. Läuft Eros Ramazottis (Se bastasse una bella canzone, uhuhuhu), hat die „Salve-Frau“ Dienst, Salve übrigens, weil sie uns immer mit diesem hier üblichen Nachmittagsgruß begrüßt. Auch sie singt mit.
Dazu kommt, dass ähnlich wie wir, jeden Vormittag die gleichen Menschen hier eintreffen. Das geht schubweise. Oft ist der Laden leer, wenn wir kommen, dann, auf einmal, wie aus dem Nichts kommen größere Zahlen an Menschen vorbei, die frühstücken und Kaffee trinken wollen. Interessanterweise wird erst gegessen, oft im Stehen, ein Hörnchen oder ein Blätterteiggebäck, und erst wenn das aufgegessen ist, wird noch ein Espresso getrunken. Männer in Handwerkerbekleidung stehen am Tresen, stürzen in Rekordzeit ihren „Caffè“ hinunter und sind wieder weg. Ein paar ältere Herrschaften nutzen die Bar, um ihren Frauen zu Hause nicht im Weg rumzustehen, sitzen an den Tischen und erzählen.
Außerdem gibt eine Frau mittleren Alters, die wir letztes Jahr schon immer gesehen haben, sie scheint in der Bar zu arbeiten, sitzt dort oft stundenlang an einem Tisch, telefoniert viel, manchmal sitzt jemand bei ihr. Wir haben bislang nicht herausbekommen, was sie da so macht, alles ist möglich von Beratung bis Schutzgeldeintreiben (letzteres ist nur scherzhaft gemeint, ok?). Nach einigen Tagen grüßen wir uns wie alte Bekannte und fragen „wie geht’s“ und antworten mit „tutto a posto“
Die zweite Bar, die wir regelmäßig besuchen, ist das „Agora Café“ am Platz zur Santa Lucia Kirche, dort, wo sonntags der große Floh- und Gemüsemarkt ist. Dort trinken wir nach den Einkäufen unseren Cappuccino und spielen eine Runde Backgammon. Hier gibt es einige Touristen, die im dazugehörenden Bed- und Breakfast übernachten und viele Einheimische. Eine bunte Mixtur, in der wir uns sehr wohlfühlen, dazu das Marktambiente und ein Papagei namens Lula, der die Gäste unterhält mit einigen Worten Italienisch, darunter bekannte Schimpfwörter, der aber auch Hundegebell und das Miau der Katzen nachmachen kann. Manchmal pfeift er auch Mädchen und Frauen hinterher. Ein lesbischer Papagei, wer hätte das gedacht!
Die dritte Bar, in der wir bereits letztes Jahr gerne waren, ist das „San Giovanni“, ein kleiner wohltuender Spaziergang und schon sind wir da. Dort kann man sowohl gut Mittagessen (es gibt eine Art Buffet und man kann sich einen Teller mit drei unterschiedlichen Dingen zusammenstellen), als auch den Aperitivo genießen. Hier haben wir alle verfügbaren Varianten durchgespielt: einfach mit Chips und Erdnüssen, die wir alle und immer aufessen, im Gegensatz zu den Italienern, die nur ein bisschen was davon nehmen, die Variante „wir teilen uns ein Brett mit Spezereien“ und die, wie sie von den Kellnern gern genannt wird „Full-Full“-Portion, nach der man dann unter Ächzen und Stöhnen nach Hause wankt.
Auch dort spielen wir gerne eine Partie Backgammon und beobachten die anderen Leute. Einer fällt mir immer wieder auf, weil er sich anscheinend auch im „Dreieck“ bewegt. Ich habe ihn schon in allen drei Lokalitäten gesehen und er sieht dem Vater einer Cafébesitzerin in Krefeld verdammt ähnlich. Er fängt morgens im Serafino an mit dem Espresso, schnabuliert sich am Nachmittag in der Agorabar durch das Gebäckangebot und abends findet man ihn im San Giovanni auf einen Absacker, bevor es nach Hause zum Abendbrot geht.
Unsere Tage hier gehen nun ihrem Ende entgegen, ich werde alle vermissen, die uns hier begegnet sind, und die Insel natürlich auch.













Meine Güte, wirklich? Zwei Monate schon auf dem Endspurt? Nicht zu glauben . lasst euch Zeit..: hier regnet es meistens, grau grüßt grau, immerhin buchstabiert der Frühling schon mal Hyazinthen, Narzissen und Weißdorn.
Herzliche Grüße zu Euch!