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Ein Sonntag am Meer oder Pleiten, Pech und die leckersten Muscheln der Welt

  • maikebuchholz
  • 1. März
  • 4 Min. Lesezeit
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Freitagvormittag, 28. Februar, ich sitze gemütlich bei Friseurin Melissa und lasse mir die Haare schön machen (colore e taglio), gegenüber auf dem Pausenhof der Gesamtschule „Santa Lucia – Leonardo da Vinci“ wird Karneval mit Macarena, New York, New York und – natürlich - Cuoricini gefeiert. Ein ausgelassenes Treiben, das neben dem wunderbar warmen Wetter Laune macht.

Zu diesem Zeitpunkt wissen wir noch nicht, dass einige Stunden später das Universum beschließt, alte Gewissheiten in ein Glas zu packen, den Deckel draufzumachen und kräftig durchzuschütteln.

Wir unterhalten uns mit einigen anderen Kundinnen über die Schießerei vom Vortag, in einem der Nordviertel von Siracusa. Auf Facebook gibt es ein Video von der Festnahme zweier Männer, man sieht, wie sie aufeinander einprügeln und dann von der Polizei in einen bereitstehenden Wagen verfrachtet werden. Wir fragen uns, was wohl der Grund für die Schießerei gewesen sein könnte, und kommen mit Schulterzucken unisono zum Ergebnis: Uomini – Männer.

Nachdem Melissa mein Haupt flächendeckend mit einer Farbe namens „Rammato“ bedeckt und mir einen „Caffè“ kredenzt hat, denke ich noch einmal an den Ausflug vom letzten Wochenende, den Kolja und ich gemacht haben.

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Ans Meer sollte es gehen, Strand, Wasser und ein feines Mittagessen – dafür hatten wir uns die „Isola“ ausgeguckt, eine Halbinsel gegenüber von Ortigia und für uns gut mit dem Bus zu erreichen.  Überhaupt:  Wer keinen Mietwagen hat, für den ist Busfahren tatsächlich eine Alternative, wenn man ein bisschen Zeit mitbringt. Ich bin eine erfahrene Autofahrerin, käme jedoch nie auf die Idee, hier in Siracusa zu fahren. Ich würde mich dauernd erschrecken, wenn ein Moped mich haarscharf überholt oder eine der vielen Hupen ohne erkennbaren Grund ertönt. Zudem habe ich schon viele Male einen „Beinahe-Unfall“ erlebt, nein, nein, das ist nichts für mich und meinen Blutdruck.

Busfahren ist sehr preiswert und seit die Firma „SAIS“ das übernommen hat, auch gut zu handhaben. Es gibt eine App, über die man die Fahrten buchen kann und sieht, welche Linie wann fährt und es gibt sogar eine Live-Verfolgung, d.h. man kann verfolgen, wo der Bus gerade ist.

Also haben wir ein Tagesticket für 3 Euro pro Person gekauft und sind Sonntagvormittag pünktlich mit der Linie 123 „Strada del Mare“ losgefahren. Die Fahrt nach Isola dauert etwa eine halbe Stunde und fährt täglich nur alle 3 Stunden, das ist ein Nachteil.

Kolja hat die Planung übernommen und im Internet gesehen, dass es an der Haltestelle „Maddalena“ einen Sandstrand gibt und zwei Restaurants, die für das Mittagessen in Frage kommen.

Ich packe zwei Handtücher ein, falls wir romantisch Hand in Hand an des Strandes Ufer entlang barfuß schlendern wollen. Warm genug dafür ist es jedenfalls.

Voller Vorfreude steigen wir aus, überqueren die Straße und sind sofort ernüchtert. Schön ist, dass man den Etna in der Ferne sehen kann, schön auch der Blick auf das Meer. Der Strand selbst ist ein kompletter Dreckshaufen, anders kann man das nicht sagen. Alte Reifen, Plastik, und eines der Restaurants hat altes Brot einfach aus dem Fenster geworfen. Keine Möwe möchte das essen, es liegt da wohl schon seit einigen Tagen. Der Strand ist keine 100 Meter lang, das sah im Netz anders aus. Wir machen ein paar Fotos und haben nicht die geringste Lust, hier auch nur einen Zeh ins Wasser zu tauchen, geschweige denn, uns länger aufzuhalten. Was nun? Wir gehen erst einmal zur Bushaltestelle zurück und ich checke noch einmal die Verbindungen. Es bleibt dabei, der nächste Bus kommt in drei Stunden. Die Gegend um uns herum ist ein bisschen unwirtlich, nichts, wo man alternativ spazieren gehen könnte. Nach einer Weile entscheiden wir uns dafür, in eines der beiden Restaurants zu gehen und die Zeit bis zur Abfahrt lukullisch zu überbrücken.

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Das Restaurant, welches das Brot aus dem Fenster geschmissen hat, scheidet aus, zudem hat es schlechte Bewertungen. Also gehen wir die 100 Meter bis zu „La Fornace“ – Ristorante und Pizzeria. Von außen sieht es ein bisschen aus wie eine Wellblechbude, von innen erleben wir ein schön eingerichtetes Restaurant, es gefällt uns sofort, wir werden nett begrüßt und bekommen gleich einen Tisch (eine Stunde später sind wir froh, relativ zeitig dort angekommen zu sein, dann ist es brechend voll mit italienischen Familien, die dort Mittag essen). 

Wir bestellen Caprese, Miesmuscheln und Calamari, und das Essen versöhnt uns mit dem Rest der Umgebung. Ich habe das Vergnügen, die besten Muscheln meines Lebens zu essen und wünsche im Stillen, dass die Portion kein Ende nimmt. Aber alles, auch das Gute, findet immer sein Ende, und so versüßen wir uns das Bedauern mit einem Gläschen Tiramisu, ebenfalls köstlich und gar nicht so süß, wie ich es normalerweise kenne. Wir fühlen uns wohl in diesem Stimmengewirr, sind die einzigen Touristen und sicher, dass sich hierhin nicht viele Reisende verirren, es sei denn, der Strand wird im Sommer saubergemacht.

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Als wir das „La Fornace“ wieder verlassen, hat sich die Wartezeit auf eine halbe Stunde verkürzt, die wir satt und zufrieden an der Haltestelle absitzen.

Was mich unterm Strich freut: Die Zeit hier hat schon für so viel Gelassenheit und Entspannung gesorgt, dass ich mich heute kein einziges Mal echauffiert, aufgeregt oder wütend erlebt habe. Wie wunderbar, auf dem Weg zum neuen Ich.

 

 

 

 
 
 

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